„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Neufassung der Abfallwirtschaftsgebührensatzung der Stadt Leipzig (Müllgebühren)

Die Stadt Leipzig beabsichtigt die Abfallwirtschaftsgebührensatzung neu zu fassen. Die wesentlichen Änderungen der Abfallwirtschaftsgebührensatzung sind:

  • Änderung des Gebührenmodells (Wegfall der Grundgebühr; Stärkung der Bemessung nach dem Verbrauch)
  • Änderung der Gebührensätze (Erhebung einer Leerungsgebühr für Restabfalls, Abfallverwertungsgebühr für Eigenkompostierer „E“ bzw. Biotonnennutzer „B“, Biotonnengebühr und Gebühren für Sonderleistungen und Direktanlieferungen)
  • Ergänzung um eine Verbrauchsgebühr für Gründschnitt (Garten- und Parkabfälle)

Typisierungen und Pauschalierungen beim Gebührenmaßstab sind immer fehlerträchtig, betont Rechtsanwalt Roman Götze und verweist auf parallele Probleme in anderen Rechtsbereichen, in denen ebenfalls „über einen Kamm geschoren“ wird (vgl. nur Götze/Füßer, Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung 2005, 17 ff.). Zwar scheidet ein Wirklichkeitsmaßstab bei der Bemessung der Müllgebühren regelmäßig aus, da danach bei der Abholung des Mülls der Inhalt der Abfallbehälter gewogen werden müsste und dies einen wirtschaftlich kaum zumutbaren Aufwand verursachen dürfte. Die Praxis wendet deshalb nahezu ausschließlich den Wahrscheinlichkeitsmaßstab an, wobei die Rechtsprechung neben dem so genannten Haushaltstarif (Anzahl der Haushalte einem Wohngebäude) auch den Behältermaßstab im Grundsatz gebilligt hat.

Ein Gebührenmodell ist jedoch zu beanstanden, wenn Haushalte trotz wesentlich gleicher Inanspruchnahme der Einrichtung ungerechtfertigt unterschiedlich belastet werden, wie dies beispielsweise bei einem reinen Einheitssatz der Fall wäre. Sehen die gebührenrechtlichen Vorschriften einer Abfallwirtschaftssatzung für unterschiedliche Gruppen von Benutzern der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung unterschiedliche Gebührenmaßstäbe vor, können die darauf beruhenden unterschiedlichen Gebührensätze ermessensfehlerfrei nur in getrennten Gebührenkalkulationen ermittelt werden. Die spannende Frage ist in diesen Fällen – so Rechtsanwalt Götze -, ob die jeder Pauschalierung bzw. Typisierung inne wohnenden Ungerechtigkeiten noch innerhalb der von der Rechtsprechung hierfür aufgestellten Toleranzschwellenwerte (regelmäßig 10 %) liegen. Dies muss im Einzelfall geprüft werden.

Problematisch ist dies regelmäßig vor allem bei der Biotonne, wenn neben einer nicht kostendeckenden Pauschalgebühr für eine Biotonne zusätzlich Abfallgebühren nach einem Einheitsgebührenmaßstab erhoben werden. Ein solches Vorgehen kann wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG unwirksam sein, wenn der Einheitsgebührenmaßstab bei Nichtteilnahme von mehr als 10 % aller Grundstückseigentümer an der getrennten Entsorgung des Biomülls mittels Biotonne auch die Gruppe der vom Anschluss- und Benutzungszwang an der Biotonne befreiten erfasst und belastet.