„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Die allgemeine Wartefrist des §6 Abs.2 Nr.1 BNotO: Verfassungswidriger Wettbewerbsschutz im Berufsrecht der Anwaltsnotare?

Klaus Füßer, Susanne Engel
veröffentlicht in „Das Anwaltsblatt“ 1998, S. 12 ff.

Der § 6 II Nr. 1 BNotO normiert die sog. „allgemeine Wartefrist“ auf dem Weg zum Anwaltsnotariat: Hiernach „soll in der Regel“ nur zum Notar bestellt werden, wer schon fünf Jahre als Rechtsanwalt zugelassen ist. Die nähere Betrachtung dieser Norm – insbesondere unter Berücksichtigung der gängigen Rechtsanwendungspraxis der Landesjustizverwaltungen sowie ihrer Funktion im Rahmen des heute zweistufigen Bewerberauswahlverfahrens – wirft nach Auffassung der Autoren erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel auf. Diese münden in einen Vorschlag für eine – äußerst zulassungsfreundliche – verfassungskonforme Auslegung des § 6 II Nr. 1 BNotO, letztlich in der Forderung, diese Vorschrift bei nächster Gelegenheit aus der Bundesnotarordnung zu streichen.