„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Verkürzung der Wartezeiten gemäß § 6 II Nr. 1 und 2 BNotO?

Klaus Füßer
veröffentlicht in „Anwaltsblatt“ 2000, S. 406 ff.

Gemäß § 6 II Nr. 1 BNotO soll in der Regel nur zum Anwaltsnotar bestellt werden, wer mindestens fünf Jahre als Anwalt zugelassen ist. Neben dieses Erfordernis der „allgemeinen Wartefrist“ tritt die gemäß § 6 II Nr. 2 BNotO abzuleistende „besondere Wartefrist“ der mindestens dreijährigen ununterbrochenen anwaltlichen Tätigkeit am für das Notariat in Aussicht genommenen Amtssitz. Anknüpfend an seine Rechtsprechung zur sog. „Wartezeit“ des früheren Rechts vertritt der BGH in zwei Entscheidungen aus 1997 und 1998 auch für diese seit der sog. Zugangsnovelle geltenden genannten allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für Anwaltsnotare, daß diese strikt zu verstehen seien. Daß diese Auffassung unhaltbar, die Anknüpfung an Rechtsprechung zu § 4 BNotO a.F. jedenfalls für § 6 II Nr. 1 BNotO problematisch, entgegen der überwiegenden bisherigen Praxis eine weniger engherzige als die vom BGH gewählte Auslegung angezeigt ist, soll in diesem Artikel aufgezeigt werden.