„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Erneuter Erfolg von Füßer & Kollegen beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof wegen überlanger Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht

Bekanntermaßen mahlen die Mühlen der Justiz im Verwaltungsrecht besonders langsam. Während ein verwaltungsprozessuales Klageverfahren gegen den Staat und seine Behörden im Durchschnitt aller Bundesländer „nur“ 13,9 Monate dauert, waren es im Jahr 2007 in Sachsen nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes 21,5 Monate. Die Tendenz hinsichtlich der Verfahrensdauer ist seit 2005 steigend. Dass es auch anders geht, zeigen insbesondere Rheinland-Pfalz (4,9 Monate), Bayern (8,0 Monate), Niedersachsen (9,1 Monate) und Baden-Württemberg (9,6 Monate). Der Freistaat Sachsen wird in puncto Langsamkeit nur noch von den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg übertroffen. Das ist insofern paradox, als gerade die Sächsische Verfassung (Art. 78 III) ebenso wie die Brandenburgische Verfassung (Art. 52 IV 1) im Unterschied zu allen anderen Bundesländern explizit ein Grundrecht auf ein zügiges Verfahren vorsehen. Diesen offensichtlichen Missstand haben Füßer & Kollegen im Sommer 2009 zum Anlass genommen, in einigen der von ihnen geführten finanz- und verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren, die schon besonders lange andauern, eine Verfassungsbeschwerde zum Sächsischen Verfassungsgerichtshof zu erheben. Inzwischen ist über alle vier Verfassungsbeschwerden entschieden worden, in drei Fällen folgte das Gericht in der Sache unserer Argumentation, nämlich mit Beschluss vom 25. September 2009, Az. Vf. 44-IV-09, Beschluss vom 5. November 2009, Az. Vf 64-IV-09 und Beschluss vom 29. Januar 2010 Az. Vf. 113-IV-09.

Die Entscheidungen des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs sind begrüßenswert und reihen sich zusammen mit dem jüngsten Urteil des Brandenburgischen Verfassungsgerichts vom 17. Dezember 2009 in die erfreuliche Tendenz ein hin zu einer stärkeren Betonung des zeitlichen Aspekts gerichtlichen Rechtsschutzes. Ähnlich wie die sächsischen Kollegen rügten auch die brandenburgischen Verfassungsrichter die Nachlässigkeit mancher Gerichte in puncto Schnelligkeit. Ihrer Ansicht nach stellt bereits eine einjährige Untätigkeit, während derer das Verfahren nicht gefördert wird, eine potenzielle Gefährdung des Grundrechts auf ein zügiges Verfahren dar und bedarf daher zu ihrer Rechtfertigung besonderer Gründe. Das Fehlen solcher Gründe lasse dienstaufsichtsrechtliche Ermahnungen nach § 26 II des Deutschen Richtergesetzes in Betracht kommen. Nach Auffassung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs liegt die bedenkliche Obergrenze hingegen erst bei drei Jahren, außer das Verfahren bringt eine gesteigerte Betroffenheit des Klägers mit sich. Darüber hinaus rügten die brandenburgischen Verfassungsrichter – anders als die sächsischen Kollegen – mit sehr klaren Worten die allgemeine politische Spartendenz in der Justiz. Dieser Appell kommt angesichts staatlicher Rekordverschuldung zur rechten Zeit. Ein Grundrechtsschutz nach Kassenlage steht einem Rechtsstaat schlecht zu Gesicht. Insofern stimmt es schon nachdenklich, wenn (wie das in dem von Füßer & Kollegen betriebenen Verfassungsbeschwerdeverfahren – Vf. 64-IV-09 – geschehen ist) der Freistaat Sachsen hinsichtlich des Gegenstandswertes des Verfahrens und damit hinsichtlich der verursachten Kosten fast schon breiter ausführt als in der Sache selbst.

Füßer & Kollegen werden dieses für einen effektiven Rechtsschutz essentielle Themenfeld weiterhin kritisch beobachten und in geeigneten Fällen den Mandanten zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde raten. Lau ist bereits dabei, sich publizistisch zu den Implikationen zu äußern.

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