„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Neues Urteil zum Umweltschadensrecht

Mit Urteil vom 25. März 2014 – 5 K 505/13.NW – hat sich das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zum Umweltschadensrecht geäußert. Dabei ist es nicht nur eingehender auf den Begriff des vorsätzlichen und fahrlässigen Handelns im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG, sondern auch auf den Erheblichkeitsbegriff des § 19 Abs. 1 S. 1 BNatSchG eingegangen. Nachdem 2012 bereits das Verwaltungsgericht Schleswig sowie das Verwaltungsgericht Saarlouis über einen umweltschadensrechtlichen Fall zu entscheiden hatten, ist dies nun das dritte einschlägige verwaltungsgerichtliche Urteil. Möglicherweise ist nun das Umweltschadensrecht tatsächlich dabei, endlich aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen.

In dem vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße entschiedenen Fall ging es um die Erweiterung einer Maismühle. Hierfür gab es einen entsprechenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan, auf dessen Grundlage eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Trocknergebäudes nebst Rundsilos erteilt wurde. Das Trocknergebäude sollte auf einer bislang landwirtschaftlich genutzten Fläche unmittelbar angrenzend an den bereits bestehenden Mühlenbetrieb gebaut werden. Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens wurde im Rahmen einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung auch das Vorkommen bzw. mögliche Vorkommen zweier nach Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützten Tagfalterarten im Plangebiet festgestellt. Vorsorglich wurden funktionserhaltende Maßnahmen vorgesehen. Es ist aber zunächst übersehen worden, dass die beiden Falterarten als Anhang II-Arten zugleich Gegenstand der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets gewesen sind, das von der Baumaßnahme betroffen wurde. Auf der Basis der erteilten Baugenehmigung wurde nun mit den Bauarbeiten begonnen. Zugleich wurde damit begonnen, die vorgesehenen funktionserhaltenden Maßnahmen umzusetzen. Diese gingen jedoch mit Veränderungen der Geländeoberfläche innerhalb eines festgesetzten Überschwemmungsgebiets einher. Hierfür verfügte die Bauherrin zwar über eine entsprechende wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung, welche aber nicht für sofort vollziehbar erklärt wurde. Auf Grund eines Nachbarwiderspruchs kam es in Bezug auf die Maßnahmen zum Baustopp. Kurze Zeit darauf forderte der BUND Landesverband Rheinland-Pfalz die zuständige Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd auf, den Rückbau hinsichtlich des zwischenzeitlich errichteten Trocknergebäudes anzuordnen. Er stützte diese Aufforderung auf § 10 USchadG. Mit der Überbauung von Lebensraum von zwei besonders geschützten und zusätzlich gebietsschutzrechtlich relevanten Tagfalterarten sei es zum Eintritt eines Biodiversitätsschadens im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 BNatSchG gekommen, zumal die vorgesehenen funktionserhaltenden Maßnahmen nicht umgesetzt wurden und ohnedies aus verschiedenen Gründen von vornherein untauglich gewesen seien. Da die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd nicht binnen drei Monaten eine Entscheidung traf, legte der BUND Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße ein. Dieses hat die Klage im Ergebnis abgewiesen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Voraussichtlich wird der BUND die Zulassung der Berufung beantragen, so dass möglicherweise demnächst auch die erste oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung zum Umweltschadensrecht vorliegt.

  • Sie finden das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 25. März 2014 hier.