„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Investitionsfinanzierung:

Welches Gericht ist zuständig?

von Klaus Füßer
veröffentlicht in „Altenheim“ 2001, Heft 9, S. 14 f.

Für die Klage einer Pflegeeinrichtung auf Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen gegenüber den Pflegebedürftigen ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten und nicht der zu den Sozialgerichten gegeben (a. A. BSG, Urt. v. 31.01.2000 – B 3 SF 1/99 R )

OVG Lüneburg, Beschluß vom 8. Februar 2001 – 4 O 3818/00 – (rechtskräftig)

Der Bereich der rechtlichen Regelungen zur Finanzierung der Investitionskosten von stationären Pflegeeinrichtungen ist von einem bunten Strauß schwieriger Rechtsfragen gekennzeichnet. Wie schon mehrfach berichtet (Altenheim 03/1999, S. 20 und 11/2000, S. 13), ist schon die Vorfrage schwierig, vor welchen Gerichten die entsprechenden Ansprüche überhaupt geltend zu machen sind. Für den Anspruch auf Investitionsförderung (vgl. § 9 SGB XI und das jeweilige Landesrecht) ist durch das BVerwG geklärt, dass der Streit hierüber vor die Verwaltungsgerichte gehört (hierzu ALTENHEIM 03/1999). Streitigkeiten über die Umlagefähigkeit nicht geförderter Investitionskostenanteile bzw. über entsprechende Bescheide der Landesbehörden (vgl. § 82 Abs. 3 SGB XI) gehören indessen vor die Sozialgerichte, meinte jedenfalls das BSG und lehnte das dagegen vorgebrachte Argument einer sachwidrigen Aufspaltung des Rechtswegs bzw. der größeren Sachnähe der Verwaltungsgerichte ab (hierzu ALTENHEIM 11/2000). Zweifel an der Auffassung des BSG waren schon in der seinerzeitigen Besprechung angeklungen. Das OVG Lüneburg hat in einem bemerkenswerten Beschluß nun ausdrücklich dem BSG widersprochen, hierbei insbesondere auf den sachlichen Zusammenhang mit der Investitionsförderung hingewiesen. Das OVG Lüneburg hebt hervor, das materiell-rechtlich unmittelbare Wechselwirkungen zwischen dem Umfang der jeweils gewährten Investitionsförderung und dem umlagefähigen – nicht geförderten – Investitionskostenanteil bestehen. Wie das OVG Lüneburg zurecht betont, könnte es – besteht für die betreffende Einrichtung Streit sowohl über die Höhe der Förderung als auch die Umlagefähigkeit – zu unerträglichen Interdepenzen zwischen den jeweiligen gerichtlichen Verfahren und insofern einer Behinderung des effektiven Rechtsschutzes für den Betreiber kommen. Für die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit spreche im übrigen, dass diese ohnehin für den gemäß § 93 Abs. 8 Satz 4 BSHG von der Sozialhilfe zu tragenden Anteil der Investit ionskosten zuständig sei (§ 93b Abs. 1 Satz 3 BSHG). Das OVG Lüneburg hat wegen seiner Abweichung von der Auffassung des BSG die weitere Beschwerde zum BVerwG zugelassen, die nicht eingelegt wurde. Allerdings ist dem Benehmen noch ein Parallelfall anhängig, in dem das OVG in kürze ähnlich entscheiden wird. Wird dort weitere Beschwerde eingelegt und das BVerwG folgt der Auffassung des OVG Lüneburg, ist wegen der dann vorliegenden Meinungsdifferenz zwischen BVerwG und BSG über die dann notwendige Vorlage der Weg zu den gemeinsamen Senaten der obersten Bundesgerichte vorgezeichnet, in der die Delegierten der verschiedenen obersten Bundesgerichte die zwischen diesen aufgetauchten Meinungsunterschiede austauschen. So würde eine vermeintliche prozeßrechtliche Marginalie des Pflegeversicherungsrechts zu einer „Sternstunde des Rechts“. Den Betroffenen bleibt nichts anderes, als so lange abzuwarten und die damit einhergehenden Verzögerungen der diesbezüglichen Streitverfahren zu ertragen.