„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Beurteilungsspielraum und Einschätzungsprärogative

von Dr. Thomas Jacob und Dr. Marcus Lau
veröffentlicht in der „Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht“ (NVwZ), Heft 5/2015, S. 241 ff.
Stand: 9. März 2015

Das Naturschutzrecht, aber vielfach auch das Wasserrecht verweist an vielen Stellen auf fachwissenschaftliche Erkenntnisse. Da hier der Kenntnisstand teilweise noch nicht sonderlich ausgeprägt ist oder die Beantwortung der fachlichen Frage nicht rein naturwissenschaftlich möglich ist, sondern einer wertenden Betrachtung bedarf, es insoweit aber vielfach an Fachkonventionen fehlt, hat sich die Rechtsprechung – allen voran das Bundesverwaltungsgericht – in Bezug auf solche Fragen nicht auf einen gerichtlichen Gutachterstreit eingelassen. Vielmehr wurde auf einen der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglichen behördlichen Beurteilungsspielraum erkannt. Diese Rechtsprechung ist in jüngerer Zeit in der Literatur mehrfach auf Ablehnung gestoßen.

Dr. Thomas Jacob, derzeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverwaltungsgericht abgeordneter Richter am Verwaltungsgericht Köln, und Dr. Lau sind dieser Kritik näher nachgegangen, haben geprüft, inwieweit sie die inzwischen ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu erschüttern vermag, haben am Beispiel des Naturschutz- und Wasserrechts einen Systematisierungsversuch zur Identifizierung behördlicher Letztentscheidungsbefugnisse unternommen und die Grenzen solcher Beurteilungsspielräume ausgelotet.