„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Critical Loads in der Vorhabenzulassung:

Anwendbarkeit, Methodik, Kumulationsbetrachtung, Bagatell- und Irrelevanzschwellen

von Klaus Füßer/Dr. Marcus Lau
veröffentlicht in der Zeitschrift Umwelt- und Planungsrecht (UPR), Heft 4/214, S. 121 ff.
Stand: 11. April 2014

Maximale tolerable Eintragsraten für Stickstoffdepositionen (sog. Critical Loads) beschäftigten in jüngerer Zeit vor allem im Bereich des Habitatrechts vielfach die Gerichte. Nach einer überblicksartigen Einführung in den Kenntnisstand zu den Auswirkungen von Stickstoff auf Ökosysteme und die Möglichkeiten zur konkrete Abschätzung dieser Wirkungen wird der derzeitige Stand der Rechtsprechung zur Anwendung des Konzepts der Critical Loads im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung dargestellt, hierbei auf die Verwendung von Critical Loads auf der Ebene der Bewertung von Vorhaben und ihren Wirkungen auf die Natura 2000-Gebiete eingegangen, insbesondere auch mit Blick auf die – häufig erhebliche – Vorbelastung und unter Einschluss der Kumulationsbetrachtung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. In kritischer Auseinandersetzung mit nur vermeintlich auf den Vorsorgegrundsatz gestützten Übertreibungen wird in Anlehnung an das sonstige Fachrecht nachdrücklich für die Anerkennung von Irrelevanzschwellen plädiert. Diese lassen sich auch im Bereich des Habitatsrechts aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewinnen, fundieren letztlich in allgemeinen Prinzipien theoretischer wie praktischer Vernunft, die im Bereich des Naturschutzes nicht weniger gelten sollten als beim Schutz anderer Rechtsgüter. Abrundend wird noch der Frage nachgegangen, inwieweit dem Konzept der Critical Loads eine rechtliche Bedeutung über das Habitatrecht hinaus beizumessen ist.