„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Artenschutz bei der Unterhaltung und dem Betrieb von Straßen

von Dr. Marcus Lau
veröffentlicht in der Zeitschrift Straße und Autobahn, Heft 3/2023

Das besondere Artenschutzrecht nimmt in der Planfeststellung von Straßenbauvorhaben breiten Raum ein. Grundsätzlich wird dabei als betriebsbedingte Auswirkung nicht nur der Straßenverkehr, sondern auch die Unterhaltung der Straße mit in den Blick genommen. Angesichts der Dynamik der Natur treten im Laufe der Zeit jedoch nicht selten Veränderungen ein, die Anlass zu einer Neubewertung geben können. Dies führt zwar nicht dazu, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.8.2009, 9 A 64.07 – Rn. 50), doch ist damit die Frage aufgeworfen, wie mit dieser Situation bei der Unterhaltung und dem Betrieb von Straßen umzugehen ist. Die nähere juristische Prüfung zeigt, dass das besondere Artenschutzrecht weiterhin Anwendung findet, also weder die spezielle Funktionssicherungsklausel des § 4 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG noch der bestehende Planfeststellungsbeschluss eine Freistellung von den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG bewirken. Während die Auswirkungen des Betriebs in erster Linie die Straßenverkehrsbehörden in die Pflicht nehmen, sodass sie z.B. ggf. nach § 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1a Nr. 4a StVO Geschwindigkeitsbegrenzungen vorsehen müssen, obliegt die Verantwortung für die Unterhaltung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG den Trägern der Straßenbaulast. Dabei muss aber nicht vor jeder Unterhaltungsmaßnahme eine artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt werden, sondern Untersuchungen sind nur veranlasst, wenn belastbare Anhaltspunkte für die Betroffenheit besonders geschützter Arten vorliegen. Bestätigt sich ein entsprechender Konflikt oder wird dieser im Rahmen einer Worts-Case-Annahme unterstellt, muss die Trägerin der Straßenbaulast entsprechende Vermeidungsmaßnahmen ergreifen. Dabei sind ihr die Privilegierungen nach § 44 Abs. 5 BNatSchG einschließlich der Möglichkeit der CEF-Maßnahmen eröffnet. Lässt sich der Konflikt auch damit nicht bewältigen, bleibt noch der Weg in die Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG, die sich – entsprechend dokumentiert – die Trägerin der Straßenbaulast ausweislich § 4 Satz 2 FStrG selbst erteilen kann, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.