„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ (Teilhard de Chardin, 1881-1955, frz. Theologe, Paläontologe u. Philosoph)

Emsanrainer wehren sich weiter und legen Berufung ein

Seit einigen Jahren streiten die Emsanrainer (Stadt Papenburg, Stadt Emden, Landkreis Emsland, Landkreis Leer), die Meyer Werft Papenburg auf der einen Seite mit dem Bundesumweltministerium und der EU-Kommission auf der anderen Seite über die Einordnung von Unter- und Außenems (Emsästuar) als (Natur-)Schutzgebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung nach der europäischen Flora-Fauna-Habitatrichtlinie. Die Emsanrainer machen geltend, dass die Ems den Kriterien für ein Schutzgebiet nicht entspräche, jedenfalls aber die Unterschutzstellung zu erheblichen Beeinträchtigungen in der Nutzung der Ems als Schifffahrtsweg führe. Damit verbunden seien erhebliche Nachteile in der kommunalen und wirtschaftlichen Entwicklung zu befürchten.

Um die Einvernehmensentscheidung der Bundesrepublik im Verfahren zur Unterschutzstellung des Emsästuar zu verhindern, hatte die Meyer Werft bereits im Juni 2007 Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg erhoben und parallel dazu einen Antrag auf eine vorläufige Anordnung gestellt. Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 2. Juli 2007 – 1 B 1815/07 – zurück.

Nachdem sodann das Bundesumweltministerium für Frühjahr 2008 konkret die Erteilung des Einvernehmens angekündigt hatte, hat sich die Stadt Papenburg mit Klage und Eilantrag vom 20. Februar 2008 gegen die bevorstehende Einvernehmenserteilung gewandt. Nunmehr erließ das Verwaltungsgericht Oldenburg die beantragte einstweilige Anordnung zu Gunsten der Stadt Papenburg durch Beschluss vom 31. März 2008 – 1 B 512/08 –, untersagte der Bundesrepublik Deutschland bis zu einer rechtskraftigen Entscheidung im Klageverfahren, das Einvernehmen zu erteilen.

Nachdem auf mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2008 das Verwaltungsgericht Oldenburg dem Europäischen Gerichtshof u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ob es Art. 4 Abs. 2 UAbs. 1 der FFH-Richtlinie einem Mitgliedsstaat erlaubt, sein Einvernehmen zu dem von der Kommission erstellten Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aus anderen als naturschutzfachlichen Gründen zu verweigern, hierüber in Luxemburg am 26. März 2009 über die Sache mündlich verhandelt wurde und Generalanwältin Sharpston ihre – verneinenden – Schlussanträge am 9. Juli 2009 vorlegte, hat der Europäische Gerichtshof am 14. Januar 2010 – ebenfalls verneinend – entschieden.

Daraufhin hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 22. November 2010 die von Füßer & Kollegen vertretenen Klagen der Stadt Papenburg und der Meyer Werft abgewiesen. Mit Urteil vom gleichen Tag wurden die Klagen der Landkreise Emsland, Leer und der Stadt Emden abgewiesen. Die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. In seinen Entscheidungen vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass die Emsanrainer die Berücksichtigung ihrer Belange bei der Entscheidung über die Einvernehmenserteilung grundsätzlich nicht verlangen können; selbst wenn man einen naturschutzfachlichen Spielraum des Mitgliedsstaates anerkennt. Im Übrigen können die Emsanrainer nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ihre Interessen im Wege nachträglichen Rechtsschutzes schützen. Nach der endgültigen Ausweisung der Unter- und Außenems als FFH-Gebiet soll es möglich sein die Einordnung des Gebietes als FFH-Gebiet vor den nationalen Gerichten anzugreifen und überprüfen zu lassen. Diese Begründungserwägungen des Verwaltungsgerichts sind freilich noch nicht der Weisheit letzter Schluss, wie schon die Zulassung der Berufung wegen grundsätzliche Bedeutung zeigt. Mittlerweile haben die Stadt Papenburg und die Meyer Werft die Berufung eingelegt. Über den weiteren Fortgang des Verfahrens werden wir wie gewohnt berichten

Als Hintergrundinformationen stellen wir Ihnen zu diesem Thema zur Verfügung:

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Pressemitteilung:

 

Presseresonanz (Auszug):

  • Artikel in der Frankfurter Allgemeinen vom 15. Januar 2010
  • Artikel in der Hamburger Abendblatt vom 15. Januar 2010
  • Artikel in der Ostfriesen Zeitung vom 15. Januar 2010
  • Artikel in der Nordwest-Zeitung vom 15. Januar 2010
  • Artikel in der Ems-Zeitung vom 14. Januar 2010
  • Artikel der DPA vom 14. Januar 2010
  • Artikel in der Neue Osnabrücker Zeitung zum Vorlagebeschluss vom 14. Mai 2008
  • Artikel in der Frankfurter Allgemeine Zeitung zum Vorlagebeschluss vom 14. Mai 2008
  • Artikel in der Göttinger Tageblatt vom 4. März 2008
  • Artikel im Europaticker vom 7. März 2008

 

Impressionen vom Europäischen Gerichtshof

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