Gerade der demografische Wandel und Veränderungen im Gesellschaftssystem, weg von den Mehr-Generationen-Haushalten, hin zu einer Leistungsgesellschaft, gerichtet auf vollen Einsatz für die eigene berufliche Entwicklung, erlauben kaum noch die Pflege und Betreuung der Ältesten im Kreise der eigenen Familie. Gerade die Menschen, die eine Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim finanzieren können, haben mangels anderweitiger sozialer Bindungen oftmals den Wunsch, ihre Ersparnisse denen zuzuwenden, die ihnen die letzten Lebensjahre mit Freude und empathischer Zuwendung verschönert haben. Eine besondere Ausprägung findet dieses Begehren auch dann, wenn es religiös motiviert ist und Zuwendungen zu Gunsten einer kirchlichen Einrichtung zur Altenpflege getätigt werden sollen. Das Verständnis für die dahinter stehenden Motive der Heimbewohner und -Bewerber konkurriert hingegen mit dem unbedingten Willen des Gesetzes die Heimbewohner vor unzulässiger Einflussnahme und Benachteiligung zu bewahren. Hiervor sollen die pflegebedürftigen Heimbewohner durch das im Heimrecht geltende Verbot der Annahme vermögenswerter Zuwendungen geschützt werden. Legitimes Ziel der entsprechenden Heimvorschriften ist und war es immer, die Betreuung von Älteren und Pflegebedürftigen in gleicher Weise sicher zu stellen, ohne dass es, bei den mitunter stark beeinflussbaren Menschen, zu Bevor- oder Benachteiligungen auf Grund ihrer Leistungsbereitschaft zur Übertragung von Vermögen kommt.
Bereits Mitte der 90er Jahre hat sich unsere Kanzlei, insbesondere Kanzleigründer Klaus Füßer, intensiv der heimrechtlichen Problematik von Zuwendungen an Heime und Pflegeeinrichtungen im Rahmen von letztwilligen Verfügungen und Testamenten gewidmet. In Berlin führte dies in Verhandlungen für einen anerkannten Betreiber zu einem durchaus praktikablen Verfahren. Der regelmäßig und immer wieder kehrende Suchzugriff zu eben diesem Thema auf unserer Internetseite belegt die Aktualität der aus diesem Themenkreis herrührenden Rechtsfragen. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, uns hiermit wieder verstärkt und vertiefend zu beschäftigen, um Betroffenen eine Hilfestellung geben zu können:
Im bundesrechtlichen § 14 I, V HeimG, der nach Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder im Zuge der Föderalismusreform derzeit nur noch in Thüringen nach Art. 105a GG – aber voraussichtlich nicht mehr lange – Geltung beansprucht, wie auch in allen mittlerweile geltenden landesrechtlichen Vorschriften besteht das Verbot der Annahme von Vermögensvorteilen weiterhin und weiträumig. Dabei entsprechen die gewählten Vorschriften der jeweiligen landesrechtlichen Regelung weit überwiegend der aus dem Heimgesetz überkommenen Regelung, kleinere Abweichungen bezogen auf Begriffsbestimmungen u ä. sind zwar ersichtlich, für die Praxis jedoch kaum relevant. Alle landesrechtlichen Gesetze enthalten ‑ wie das (Bundes-)Heimgesetz ‑ Ausnahmen des Verbotes, etwa zu Gunsten geringwertiger Aufmerksamkeiten. Bis auf Nordrhein-Westfalen sehen alle übrigen landesrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Annahme grundsätzlich verbotener Vermögenszuwendungen vor, wenn die dem Verbot zu Grunde liegenden Schutzzwecke nicht tangiert zu sein scheinen. Akzente im Gesetzestext in Abweichung zu dem vormals geltenden Heimgesetz wurden diesbezüglich nur in wenigen Bundesländern gesetzt.
Den stärksten Akzent setzt sicher Nordrhein-Westfalen, indem es diese Möglichkeit gänzlich ausschließt, damit Verfügungen von Todes wegen nur als sog. „Stilles Testament“ zulässt. Im Rahmen umfassender Heimbetreuung, wobei das Heim oftmals die Vermögensverwaltung der ihnen Anvertrauten übernimmt, ist die Nachweisführung fehlender Kenntnis des Heimes von einem Testament jedoch kaum möglich. Die Regelung in Nordrhein-Westfalten dürfte damit verfassungsrechtlich gerade mit Blick auf die freie Selbstbestimmung (Art. 2 I GG) und die in der Eigentumsgarantie enthaltenen Testierfreiheit (Art. 14 I GG) kaum haltbar sein, ist genau den Einwänden ausgesetzt, die auch in der Rechtsprechung zu einer sog. verfassungskonformen Interpretation der in § 14 VI HeimG als sog. repressives Verbot mit Dispensmöglichkeit zu einem präventivem Verbot mit der Erlaubnismöglichkeit geführt haben.
Einen gänzlich gegenläufigen Akzent setzt Bremen: Es hat die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung – auf der zuletzt erwähnten Linie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, einiger Zivilgerichte und der Literatur ‑ abweichend von allen anderen Ländern als gebundene Entscheidung manifestiert, soweit die übrigen Tatbestandvoraussetzungen vorliegen.
Ähnlich hat das Land Brandenburg seine Ausnahmegenehmigungsvorschrift ausgestaltet. Danach gilt das Verbot nicht, wenn die Zustimmung der zuständigen Behörde vorliegt, dass der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner eine Aufrechterhaltung der Verbotes nicht erfordert, und die zusätzliche Leistung noch nicht gewährt worden ist. Hieraus kann ein Ermessen der Behörde nicht geschlossen werden. Auch knüpft die Zustimmung nur daran an, dass der Vorteil noch nicht gewährt worden sei, während sonst , wie auch bei der Verbotsnorm des Landes Brandenburg es für den Eintritt des Verbotes bzw. in allen anderen landesrechtlichen Vorschriften für den Ausschlusses der Ausnahmegenehmigung ausreicht, wenn der Vorteil versprochen worden ist, bzw. das Versprechen zugelassen wird. Es hindert danach im Land Brandenburg die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht, wenn bereits und Kenntnis und Zustimmung des Heimträgers testamentarisch verfügt wurde, die weiteren Voraussetzungen zum Schutze der Bewohner aber vorliegen. Lediglich gewährt worden sein darf die Leistung noch nicht. Dies ermöglicht eine großzügige Umsetzbarkeit letztwilliger Verfügungen, wohlgemerkt unter der Gefahr, dass Einfluss auf die Willensbildung der Bewohner und Bewohnerinnen genommen wird.
Sachsen-Anhalt hat in seiner Vorschrift zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gerade dem vorzubeugen versucht, und geregelt, dass der Bewohner bzw. die Bewohnerin, die im Zweifel testiert, im Genehmigungsverfahren persönlich angehört werden solle. Dabei soll die Gefahr der Einflussnahme und der Schutz der Bewohner gefördert werden. Die Vorschrift lässt allerdings offen, ob eine schriftliche oder mündliche, bzw. fernmündliche Anhörung erfolgen soll. Auch hier wird der Umstand, dass es sich mitunter um sehr gebrechliche und physisch, wie auch psychisch beeinträchtigte Menschen handeln wird, Rechnung zu tragen sein, um keine unüberwindbaren Hürden aufzustellen und die Bedeutungslosigkeit der Ausnahmegenehmigungsmöglichkeit herbeizuführen. Gerade das von uns schon in vielen Jahren in Berlin initiierte Verfahren könnte hier vorbildhaft und zugleich verwaltungspraktikabel sein.
Die Früchte unserer seinerzeitigen Arbeit für eine großen kirchlichen Träger liegen teils auch – uns sei in Gestalt publizistischen „spin off“ in öffentlich zugänglicher Form vor:
- „Ein Schnellschuss des Gesetzgebers – Bemerkungen zum geänderten Heimgesetz“, Altenheim 1997, Heft 6
- Leserbrief. „Anwendung des Heimrechts“, Altenheim 1998, Heft 11
- „Betreutes Wohnen und die Zukunft des Heimrechts – Kritische Anmerkungen zur derzeitigen Reformdiskussion zum Heimgesetz“, Altenheim 2001, Heft 3
freuen uns, insofern teils auch ein wenig „zeitlos“ – und über die Ablösung des Heimgesetzes hinaus – gewirkt zu haben.
Wenn Sie Interesse an dem Thema haben, stehen wir Ihnen als Gesprächspartner weiter jederzeit zur Verfügung.